Die katholische Vision einer Europäischen Union
Katholiken planten ein vereinigtes Europa auf christlicher Basis
In diesem Beitrag soll gezeigt werden, dass ursprünglich ein vereinigtes Europa auf christlicher Basis geplant war. Die Initiative, nach dem Zweiten Weltkrieg eine europäische Gemeinschaft zu bilden, um die Gefahr eines neuen Krieges in Europa zu verhindern, ging von katholischen Politikern aus. Sie begannen, eine europäische Gemeinschaft zu planen, die sich wieder auf die christlichen Wurzeln Europas besinnen sollte.
Warum ging die Initiative von katholischen Politikern aus? Es war das katholische Gefühl einer gemeinsamen Christenheit, die ein großes europäisches Reich bildete und durch die Bande eines gemeinsamen Glaubens zusammengehalten wurde. Im Mittelalter durchdrang dieses Gefühl eines gemeinsamen Glaubens alle europäischen Völker und Stände.
So sollte nach christlichem Vorbild des Mittelalters Europa politisch geeint werden. Unterstützt wurden die Pläne der katholischen Staatsmänner von Papst Pius XII. Bei den katholischen Politikern handelte es sich um Konrad Adenauer (Deutschland), Robert Schuman (Frankreich) und Alcide de Gasperi (Italien). Diese Katholiken waren übrigens keine Freimaurer. Wenn der Hochgrad-Freimaurer Magaldi jedoch diese drei frommen Katholiken als Urlogen-Freimaurer bezeichnet, dann ist dies eine typische Freimaurer-Lüge, um fromme katholische Politiker zu diffamieren und vor der Welt bloßzustellen. Denn wie wir wissen, sind die Freimaurer die größten Feinde der katholischen Kirche.
Im Folgenden legen wir den Schwerpunkt auf den deutschen Katholiken Konrad Adenauer, der einen gewichtigen Anteil an der Versöhnung mit Frankreich und der Vision eines geeinten Europas hatte.
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Zwei unterschiedliche Meinungen zu Konrad Adenauer
Heinrich Böll, selber Katholik wie Konrad Adenauer, hat den gläubigen Bundeskanzler als „Musterchristen of the western world“ verhöhnt. Da hatte Willy Brandt schon mehr Respekt, da er Adenauer vor seinen spottenden Zeitgenossen würdigte, der „Werte bewahrt hat, die sich als unverbraucht erwiesen“.
„Wenn manche Zeitgenossen spottend meinen, der Alte habe wie ein Relikt lang vergangener Zeiten bis ins Europa der Nachkriegsepoche überdauert, dann gaben sie damit zugleich unfreiwillig Aufschluss über seine Wirkung: Der Uralte hatte Werte bewahrt, die sich als unverbraucht erwiesen.“ (Zitat in: D. Koch / W.Koch, Konrad Adenauer, Der Katholik und sein Europa, S. 18)
Und das sind eben die christlichen Werte, auch wenn Willy Brandt sie nicht als solche bezeichnet hat.
Der katholische Glaube und die katholische Tradition, in der Konrad Adenauer aufwuchs, prägte Adenauers politisches Handeln.
Im Jahr 1949 soll Adenauer den tiefen Seufzer getan haben: „Mein Gott, was soll aus Deutschland werden!“. Dann schickte er sich an, im Alter von 73 Jahren und bereits gesundheitlich erheblich beeinträchtigt sich an eine Arbeitsleistung zu machen, die er nur mit Gottes Hilfe erfolgreich schaffen konnte.
Adenauers Reise nach Moskau 1955
Nach Inkrafttreten der Pariser Verträge lud die sowjetische Regierung am 7. Juni 1955 Adenauer zu Gesprächen nach Moskau ein. Der Grund für die Einladung war, dass die Sowjets direkte diplomatische Beziehungen zur BRD aufbauen wollten.
Konrad Adenauer war ein großer Verehrer des Schweizer Landespatrons. Es wird erzählt, dass er vor seiner Abreise nach Moskau in Ranft gewesen sei und dort die Nacht im Gebet verbracht und um seine Hilfe gebeten hat. Adenauer, so erfahren wir auf kath.ch, war mit Sicherheit mehrmals im Ranft, allerdings nicht in der fraglichen Zeit. „In direktem Zusammenhang mit seiner Reise nach Moskau steht aber die Männergebetswache im Bildungshaus Maria Lindenberg in St. Peter (Schwarzwald). Diese Gebetswachen begannen 1955 auf Initiative von Prälat Dr. Alois Stiefvater im Ranft, um Adenauer bei seinem Russlandbesuch im Gebet zu begleiten.“ (Quelle: Die «Rückkehr der Zehntausend» oder Bruder Klaus und Konrad Adenauer – https://www.blogs-kath.ch/die-rueckkehr-der-zehntausend-oder-bruder-klaus-und-konrad-adenauer/)
In diesem Jahr reiste Adenauer am 8. September, dem Festtag der Geburt der Gottesmutter Maria, nach Moskau, wo er sich bis zum 14. September 1955 aufhielt. Nach vier Verhandlungstagen war nicht einmal das Minimum eines Verhandlungserfolges, eine Vereinbarung über die Kriegsgefangenen, erreicht. Schließlich lenkten die Sowjets doch ein und ließen nach einem mündlichen Ehrenwort Bulganins die letzten Kriegsgefangenen nach Deutschland ausreisen.
Während Adenauer in Moskau war, bestand er darauf, seine heilige Messe hören zu können. Das wurde ihm ermöglicht. In der kleinen Kirche St. Louis der polnischen Gemeinde in Moskau konnte Adenauer an der hl. Messe teilnehmen. Es gibt ein Bild von ihm, das ihn in der Kirche in der Kirchenbank kniend und betend zeigt am Morgen des letzten Verhandlungstages, als es schien, dass alles Bemühen vergeblich gewesen sei. (Quelle: Adenauer und das Christentum)
Eine Ikone in seinem Haus in Rhöndorf ist die bleibende Erinnerung an seinen Besuch in Moskau.
Adenauers Reden sind vom katholischen Geist geprägt
In seiner ersten Regierungserklärung am 20. September 1949 im Deutschen Bundestag schließt Konrad Adenauer mit den Worten:
„Aber im Namen der gesamten Bundesregierung kann ich folgendes sagen: unsere ganze Arbeit wird getragen sein von dem Geist christlich-abendländischer Kultur und von der Achtung vor dem Recht und vor der Würde des Menschen. (Bravo!) Wir hoffen – das ist unser Ziel -, dass es uns mit Gottes Hilfe gelingen wird, das deutsche Volk aufwärts zu führen und beizutragen zum Frieden in Europa und in der Welt. (Anhaltender lebhafter Beifall).“ (zitiert in Koch/Koch, a.a.O., S. 23)
Als Parteivorsitzender der neu gegründeten CDU erläuterte er 1946 den Namen seiner Partei in einer Grundsatzrede:
„Wir nennen uns christliche Demokraten, weil wir der tiefen Überzeugung sind, dass nur eine Demokratie, die in der christlich-abendländischen Weltanschauung, in dem christlichen Naturrecht, in den Grundsätzen der christlichen Ethik wurzelt, die große erzieherische Aufgabe am deutschen Volk erfüllen und seinen Wiederaufstieg herbeiführen kann.“ (ebd. S. 25)
Zwei Jahre später erklärte Adenauer in seiner Eröffnungsrede zum 2. Parteitag der CDU am 28. August 1948:
„Wir wollen von den geistigen Grundlagen aus, die das abendländische Christentum im Laufe vieler Jahrhunderte geschaffen hat, in Deutschland das politische Leben neu gestalten – und nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und in der Welt. Deswegen nennen wir uns Christlich-Demokratische Union.“ (ebd.)
Adenauer sah die Gefahr der Entchristlichung Europas
Konrad Adenauer sah bereits damals die Gefahr, die wir heute leider in Deutschland und Europa erleben. In seiner Ansprache auf der Schlusskundgebung der ‚Gemeinschaft Katholischer Männer Deutschlands‘ in Bamberg am 20. Juli 1952 betonte Adenauer:
„Jeder von uns und namentlich jeder von uns katholischen Christen ist verpflichtet, mitzutun und mitzuhandeln, denn glauben Sie, es geht darum, ob Europa christlich bleibt oder ob Europa heidnisch wird.“
In einer früheren Ansprache vor den ‚Nouvelles Équipes Internationales‘ in Bad Ems am 14. September 1951 (es waren Vertreter europäischer christlich-demokratischer Parteien anwesend) appellierte der Bundeskanzler sichtlich:
„Meine Damen und Herren! Ich hielt es für nötig, Ihnen die Größe der Gefahren, die dem Christentum, der christlichen Kultur, die Gesamt-Westeuropa drohen, in aller Ausführlichkeit darzulegen. Denn nur dann, wenn man die Größe einer Gefahr wirklich erkennt, überlegt man sich, wie man dieser begegnen kann und fasst man mit der nötigen Tatkraft die dazu nötigen Entschlüsse. … Die Rettung des Abendlandes, die Rettung der christlichen Kultur, wird entscheidend mit beeinflusst werden durch einen Zusammenschluss der politischen, auf dem Boden des Christentums stehenden Kräften. Und diese christlichen Kräfte sind viel stärker, als wir selbst wissen. … Die Integration Europas ist die einzige mögliche Rettung des christlichen Abendlandes.“ (ebd., S. 25/26)
Am Ende seiner Kanzlerschaft bekannte Konrad Adenauer vor dem Parteivorstand der CDU am 10.5.1962 selbstkritisch:
„Ich frage mich manchmal, ob wir wirklich unsere Pflicht erfüllt haben, ob nicht die Not, in der wir uns nach dem Zusammenbruch befunden haben, uns alle miteinander dazu gebracht hat, zu materiell zu denken, so dass der geistige Aufbau, wie ich fürchte, noch in seinen ersten Anfängen steckt.“ (ebd. S. 37)
Adenauers Verhältnis zu Benedikt von Nursia
Die Begegnung mit dem benediktinischen Mönchstum prägte Konrad Adenauer entscheidend, als er sich in der Abtei Maria Laach verbarg, um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen. Ein Gebetsstuhl, den er in seiner Rhöndorfer Wohnung hatte, trägt die Aufschrift ‚Maria Laach 1933-34‘. Auch zeigte sich seine geistige Nähe zum benediktinischen Mönchstum und dessen Wurzel auf dem Monte Cassino. Dort ist eine Gruppe von Bronzefiguren im heutigen Kreuzgang am Eingang zu sehen, die Konrad Adenauer gestiftet hat. Dazu muss man wissen, dass der heilige Benedikt von Nursia als der Vater des christlichen Abendlandes gilt.
Adenauer war auch in seiner Zeit als Bundeskanzler im wallonischen Marienwallfahrtsort Banneux. Er ließ eine Kopie der dortigen kleinen Kapelle in Rhöndorf errichten und dem hl. Erzengel Michael weihen.
Bei einem Besuch von Adenauer mit dem italienischen Präsidenten de Gasperi an der Mosel sprach Adenauer: „Denken Sie doch an das Mittelalter, da war doch wirklich eine Blütezeit der Demokratie in den Städten und in den sonstigen Kommunen. Sicher muss man gewisse Unterschiede machen zur parlamentarischen Demokratie, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt hat und wie sie heute bei uns ist. Aber es kommt auf das Prinzip an!“ (zitiert in: Koch/Koch, a.a.O., S. 85)
Siehe dazu den Beitrag auf katholischglauben.online:
– Politische Prinzipien des Mittelalters
Die Ansprachen Adenauers zu Weihnachten und Neujahr waren tief religiös. Er hatte keine Bedenken, der westdeutschen Bevölkerung christliche Inhalte in seinen Ansprachen mitzuteilen.
Weihnachtsansprache von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) am 25. Dezember 1957 über alle deutschen Rundfunksender
Nun ist der Heilige Abend über unser Land dahingegangen. Er hat viel Lichterpracht und viele frohe Augen gebracht. Er hat uns – so hoffe ich wenigstens – auch etwas Ruhe und Selbstbesinnung beschert, Selbstbesinnung! Besinnung auf die inneren Güter des Menschen ist so selten möglich in dieser stürmischen Zeit. Doch der Mensch braucht sie so notwendig, um zur Ruhe und zur Zufriedenheit zu gelangen.
Mit Entschlossenheit müssen wir uns die Stunden, die wir zur inneren Besinnung nötig haben, abringen, sonst wird unser Leben, trotz aller äußeren Erfolge, unbefriedigend und unglücklich – ein sinnloses Leben. Ohne diese Ruhe und Selbstbesinnung wird auch unser Familienleben zerstört. Wir können dann unseren Kindern nicht das mitgeben, was sie für ihr Leben brauchen. Bedenken wir, dass sie ihr Leben in Zeiten verbringen werden, die wir nicht kennen, dass wir ihnen daher unvergängliche und echte wahre Lebenswerte mitgeben müssen. Von unserer Kindheit her ist für uns Weihnachten ein Fest der Bescherung, ein Fest der Freude. Das soll es auch bleiben: ein Fest, an dem wir anderen eine Freude bereiten wollen.
Aber kann man wirklich nur in der leeren Weise Freude bereiten, wie es in diesen ernsten Zeiten so vielfach geschieht? Ist nicht, trotz allem äußeren Glanze, noch viel Elend und Not in unserem Lande? Wie viel Hunderttausend Vertriebene und Geflohene sind noch immer in Lagern notdürftig untergebracht. Wie viel stille Trauer zehrt an Millionen, die ihre Angehörigen im Kriege verloren haben. Wie viele sind noch ohne ein Heim. Wie viel bittere Einsamkeit ist noch unter uns. Ist es nicht unsere ganze Zeit, die uns drückt, so verwirrt, so schwer, weil schließlich doch alles so dunkel vor uns liegt?
Freilich, wenn man durch die Straßen geht, den Lichterglanz und die Pracht, die Fülle der Käufer sieht, dann scheint es, als lebten wir in Sicherheit und im Glanze. Aber lassen wir uns nicht täuschen, Es ist nicht so, wie es manchem scheint. Es ist so, wie ich eben gesagt habe. Es ist noch viel Elend und viel Not unter uns, und viel Unsicherheit. Das Weihnachtsfest, das Fest des Gebens, des Bescherens, wollen wir daher auch zu einem Feste machen für die Einsamen und die Notleidenden.
Über allem schönen Schein und festlichen Glanz wollen wir nicht vergessen, welch schwere und entscheidende, sittliche Probleme unsere Zeit in sich birgt. Wir alle wollen doch sicher, dass unsere Kinder und Kindeskinder auch schöne und glückliche Weihnachtsfeste dereinst feiern sollen, wie wir sie früher gefeiert haben. Denken wir daran, dass unser Handeln mit entscheidend dafür ist, ob die kommenden Generationen wahrhaft frohe und gesegnete Weihnachtsfeste werden feiern können.
Alles ist in Frage gestellt, aber alles liegt doch mit Gottes Hilfe in unserer Hand. Ja, die Zukunft liegt in unserer Hand, aber nur mit Gottes Hilfe. Seine Hilfe steht für uns bereit, aber nur dann, wenn wir bereit sind, sie zu gebrauchen. Wir müssen bereit sein, von ihr Gebrauch zu machen in allem, was wir tun: im privaten Leben, in der Arbeit, in Angelegenheiten des öffentlichen Lebens und auch in der Politik.
Weihnachten muss ein Fest der Familie bleiben. Das Familienleben zu pflegen, mehr als bisher zu pflegen, soll unser Weihnachtsgelöbnis sein. Ohne den Schutz, ohne die Wärme und die Liebe der Familie gibt es kein Glück für die Eltern, kein glückliches Leben für die Kinder. Keine Einrichtung, keine Sorge des Staates kann die Familie ersetzen. Lasst uns daran denken in diesen Tagen. Wir wollen ein gutes Weihnachtsfest feiern. Gott wollen wir in allem die Ehre geben, und wir wollen streben nach dem Frieden.
Guten Willens wollen wir sein in allem, was wir tun. Denken wir immer wieder daran, was die Engel den Hirten sagten: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen, die guten Willens sind!
Quelle: Konrad Adenauer: Nachdenken über die Werte. Weihnachtsansprachen. Buxheim/Allgäu o. J. (1976).
(https://www.konrad-adenauer.de/seite/25-dezember-1957-weihnachtsansprache-ueber-alle-deutschen-rundfunksender/)
Alle Weihnachtsansprachen von 1949 bis 1964 von Konrad Adenauer finden sich auf der Website Konrad Adenauer Reden und Erklärungen.
Exkurs: Was hat Heiko Schöning gegen Konrad Adenauer?
Bevor wir weiter über Konrad Adenauer berichten, muss dieser Exkurs sein.
Während der Covid-Ära kam Heiko Schöning zu einiger Bekanntheit. Denn Heiko Schöning hat sich vielen während der Covid-Zeit als Covid-Gegner gezeigt. Dadurch hat er sich eine gewisse Popularität bei den alternativen Medien verdient. Außerdem schrieb er zu dem Covid-Thema zwei Bücher, ‚Game Over‘ und ‚Angriff auf Mikrobiom‘.
Wer ist Heiko Schöning?
Heiko Schöning hat zwar Medizin studiert, aber es gibt keine Hinweise darauf, dass er als Arzt in einer Klinik oder Praxis praktiziert hat. Nach seinem Studienabschluss wechselte er in die Wirtschaft. Seine unternehmerischen Tätigkeiten endeten entweder in der Insolvenz oder er gab seine Tätigkeit vorzeitig auf. Er ist Erfinder eines 490 Euro teuren Einmal-Halskühlkrause (Carocooler). Außerdem bewirbt Schöning das Konzept WIRKraft, welches angeblich die soziale Frage gelöst habe. Auch bietet er dazu ein WIRKraft Spiel an, das zum Selbstkostenpreis bestellt werden kann.
Inspiriert hätten ihn nach eigener Auskunft Rainer Mausfeld, Eugen Drewermann und Daniele Ganser. 2017 organisierte er das esoterische Festival ‚Pax Terra Musica‘. 2022 trat er auf der Veranstaltung AZK des Schweizer Sektenführers Ivo Sasek auf. Ivo Sasek hat ein eigenes Glaubenssystem, in das er auch die Reinkarnation integriert hat. Da der Reinkarnationsgedanke biblisch nicht belegt ist, behauptet er, dass das zweite Konzil von Konstantinopel (533) diese Vorstellung gezielt aus der Bibel entfernt habe.
Dass seine Recherchen nicht immer sauber sind, zeigt das folgende Beispiel:
Bei einer Veranstaltung des Sektenführers Ivo Sasek behauptete Heiko Schöning, dass der Präsident des amerikanischen Impfstoffherstellers Novavax Michael McManus (geb. 11. März 1943) hieße und ein überführter Drogenhändler und Waffenhändler wäre. Diese Behauptung, die Schöning über Kla TV (Ivo Sasek) verbreitete, ist jedoch falsch. Tatsächlich war Michael A. McManus von 1982 bis 1985 Teil der Reagan-Regierung, Assistent des stellvertretenden Stabschefs Michael Deave, später Reagans Assistent. Später war dieser Michael A. McManus als unabhängiger «Class III Director» im Prüfungs- und Entschädigungsausschuss von Novavax tätig, aber nicht «der Novavax-Direktor», wie es in Schönings Falschbehauptungen heißt. Tatsächlicher Direktor von Novavax ist Standley C. Erck. (Quelle: Namensvetter von US-Manager wegen Drogenbesitzes festgenommen)
Ein tatsächlicher Drogenhändler mit Namen McManus existiert zwar, er ist jedoch deutlich jünger als Michael A. McManus.
Heiko Schönings übler Angriff gegen Konrad Adenauer
Die Falschaussage bezüglich Michael McManus macht deutlich, dass Heiko Schöning erstens nicht richtig recherchiert, zweitens unseriöse kausale Zusammenhänge herstellt, und drittens es gut versteht, andere in übler Verleumdung in Misskredit zu bringen. Dies tat er in einem Auf1-Auftritt gegen Konrad Adenauer.
Was sagte Heiko Schöning über Konrad Adenauer? Hier das Transkript:
„… und wer ist John Jay McCloy? John Jay McCloy war der Sohn der Friseuse der Familie Rockefeller. Wissen Sie, wer der Schwager von John Jay McCloy gewesen ist? Konrad Adenauer. Ja, und Konrad Adenauer ist nichts anderes als eine so große Marionette. Das wissen die meisten aus dem deutschsprachigen Raum nicht. Und wer hat ihn ins Amt gehoben? Sein Schwager John Jay McCloy. Lassen Sie mich bitte …“ (Transkript von 0:27 bis Min. 0:49)
Eigentlich ging es dem Herrn Schöning um den Amerikaner John Jay McCloy. Doch warum, so dachte er wohl, nicht Konrad Adenauer in diesem Zusammenhang mit diesem bösen Menschen McCloy in Verbindung bringen. Sippenhaft war schon immer ein exzellentes Mittel, um unbescholtene Menschen in Verruf und Misskredit zu bringen. Dies tat Herr Schöning in einer überaus raffinierten, und darum um so übleren Weise, ja geradezu bösartig.
Konrad Adenauers Familienbeziehungen
„Während McCloy mittlerweile als Sozius in der Pariser Dependance von Cravath, Henderson & de Gerssdorff arbeitete, heiratete er am 25. April 1930 die Deutsch-Amerikanerin Ellen Zinsser, eine Cousine von Konrad Adenauers Ehefrau Auguste Adenauer, geborene Zinsser.“ So berichtet uns Wikipedia Stichwort John Jay McCloy.
Herr Schöning weiß anscheinend nicht einmal, was ein Schwager ist. Ein Schwager ist der Ehemann einer Schwester oder Bruder des Ehemannes oder der Ehefrau. Die Deutsch-Amerikanerin Ellen Zinsser war aber eine Cousine von Konrad Adenauers Ehefrau Auguste Zinsser.
Auguste Adenauer
Wikipedia schreibt über Auguste Adenauer:
„Auguste Zinsser wurde 1895 als älteste Tochter von Wilhelmine Zinsser, geb. Tourelle (1870–1952) und des Dermatologen, Hochschulprofessors und späteren Rektors der Universität zu Köln, Ferdinand Zinsser (1865–1952) in Köln geboren. Nach der Schulausbildung erhielt sie eine künstlerische und musische Ausbildung. Im Jahr 1911 bezog Konrad Adenauer mit seiner ersten Ehefrau Emma die Villa in der Max-Bruch-Straße 6 in Köln-Lindenthal.“
„Im Oktober 1916 verstarb Emma Adenauer im Alter von 36 Jahren und hinterließ drei minderjährige Kinder. Den Witwer Konrad Adenauer belastete nach eigenen Aussagen der Verlust seiner Ehefrau und die Sorge um die Erziehung seiner Kinder in der folgenden Zeit schwer. Elf Monate nach dem Tod seiner Frau wählte die Kölner Stadtverordnetenversammlung Konrad Adenauer am 18. September 1917 zum Oberbürgermeister von Köln. Über gemeinsame Interessen lernten sich Auguste Zinsser und Konrad Adenauer näher kennen. Nachdem sie zum katholischen Glauben konvertiert war, heiratete das Paar am 25. September 1919 in Köln.“
Hohe Achtung der Amerikaner vor Dr. Adenauers Integrität
Die amerikanischen Besatzer haben ihre Hochachtung vor Konrad Adenauer und sein politisches Wirken bescheinigt:
„Dr. Adenauers Ruf geht weit über die Kölner Region hinaus; sein Name steht an erster Stelle der ‚Weißen Liste‘ für Deutschland. (…) Der Unterzeichner hat eine sehr hohe Achtung vor Dr. Adenauers Integrität und für die selbstlosen und demokratischen Ideale, die er in seiner Person und seiner Arbeit verkörpert.“ (zitiert in: Koch/Koch, a.a.O. S. 83)
Im Jahr 1949, dem Gründungsjahr der Bundesrepublik Deutschland, berief Präsident Truman McCloy als Militärgouverneur nach Deutschland, wo er im Wesentlichen die Politik seines Vorgängers, General Lucius Clay, fortführte. Im Mai 1949, zwei Monate vor der Ankunft McCloys, war das deutsche Grundgesetz verabschiedet worden. Im August verfolgte McCloy die ersten Bundestagswahlen der Nachkriegszeit. Am 12. September wurde Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik gewählt.
Am 15. September wählte der Deutsche Bundestag (nicht McCloy!) Adenauer zum Bundeskanzler. Am Abend des Tages, an dem Konrad Adenauer zum Bundeskanzler gewählt worden war, telefonierte dieser mit McCIoy, um seinen Rat einzuholen, was die erste Priorität bei der Führung des Landes anging. „Die Wiederannäherung an Frankreich“, war McCloys Antwort. (Quelle: John J. McCloy und die „glänzende Versöhnung“)
Hans Eduard Hengstenberg hatte, wie wir ihn in unserem Beitrag ‚Deutschland in Gottes Vorsehung‘ zitiert haben, erklärt: „Es gibt wohl kaum zwei Völker in der Welt, die bei ruhigem Abwägen und bei christlichem Besinnen auf ihr jeweiliges Zielbild besser zusammen passen würden als Ergänzung als das deutsche und französische.“
Als amerikanischer Hochkommissar von 1949 bis 1952 spielte John McCloy natürlich bei allen Entscheidungen eine wichtige Rolle. Immerhin war er der Hochkommissar, hatte also quasi diktatorische Vollmachten.
Heiko Schöning hätte wahrscheinlich mit seinem WIRKraft Spiel das zerstörte Deutschland ohne Amerika wieder aufgebaut.
Warum ging Konrad Adenauer mit Amerika zusammen?
Der Benediktinerpater Odo, den wir bereits aus dem Beitrag ‚Verbrechen der Freimaurerei‘ kennengelernt haben, hat in einem Vortrag im Jahr 1957 gesagt:
„Wenn wir jetzt so gesehen haben, dass Amerika das Land der freimaurerischen Ideen und der freimaurerischen Staatsführung ist, dann können wir uns fragen: Warum gehen wir dann mit Amerika zusammen? Das ist sehr einfach. Unser Reichskanzler Adenauer mit seiner großen staatsmännischen Klugheit und Weisheit hat genau gesehen: Wir sind zwischen zwei Polen. Drüben in Amerika herrscht die Freimaurerei, da wird durch Wirtschaft und durch Propaganda versucht, das Christentum zu verdrängen, es wird aber keine Gewalt mehr angewandt. Wenn man will, kann man sich dort religiös, christlich durchsetzen. Auf der anderen Seite ist Russland, und Russland tut alles, um das Christentum mit Stumpf und Stiel auszurotten. …
Wir sind viel zu schwach, um uns dagegen zu wehren. Wir brauchen einen Schutz. Wir müssen mit dem Westen zusammengehen, um uns gegen den Osten zu halten. Darum hat Adenauer die Freundschaft mit Amerika geschlossen. Sie helfen uns wirtschaftlich, militärisch, finanziell. Aber den amerikanischen Geist, diesen Geist der Freimaurerei, des Gegenchristentums, den will er so gut es geht von unserem Vaterland fernhalten.
Und darum können wir mit Amerika zusammengehen und mit ihnen zusammenarbeiten, weil es in diesem freimaurerisch regierten Amerika Millionen von Menschen gibt, die nicht Freimaurer sind, Menschen, die wirklich christlich sind. …
… wir als katholische Menschen wollen unter gar keinen Umständen uns in die Knechtschaft der Freimaurer begeben, noch in die Knechtschaft des Bolschewismus, beide sind die Knechte Satans. Sondern wir wollen freie Brüder Christi sein …“ (Quelle: Julian Pastor, Pater Odo, S 126 – S. 128; S. 129 – S. 130)
Der Einfluss des römischen Katholizismus auf ein vereinigtes Europa
Brent F. Nelson und L. Guth haben auf ‚resaerchgate.net‘ einen Artikel veröffentlicht unter dem Titel ‚Roman Catholicism and the Founding of Europe: How Catholics Shaped the European Communities‘ (‚Der römische Katholizismus und die Gründung Europas: Wie die Katholiken die europäischen Gemeinschaften prägten‘).
In der Zusammenfassung heißt es:
„Wir argumentieren, dass die historische Entwicklung der katholischen Theologie, der Organisationsstruktur, der Politik und der Gemeinschaft die katholische Konfessionskultur besonders wichtig für die Durchsetzung von Integrationsvorschlägen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg machte. Insbesondere die katholische Betonung der sichtbaren Einheit der Kirche, die Zentralisierung der Kirche um die Autorität des Papstes, der Erfolg überwiegend katholischer politischer Parteien mit föderalistischen Zielen und ein Gemeinschaftsgefühl unter prominenten Politikern, das sich aus ihrer gemeinsamen katholischen Kultur ergab, erwiesen sich in den 1950er Jahren als notwendig, um die Integrationsagenda voranzubringen.“
Das geeinte christliche katholische Europa des Mittelalters
Das christliche Europa entstand durch die römisch-katholische Kirche. Deutschland war das geistliche und politische Zentrum in Europa, wie wir aus dem Namen ‚Heiliges Römisches Reich deutscher Nation‘ ersehen können. Diese Einheit Europas durch die katholische Kirche bestand während des gesamten Mittelalters.
„Als Europa aus dem Chaos der barbarischen Invasionen hervorging, schmiedeten fränkische Krieger, römische Päpste und keltische Mönche eine neue Zivilisation, die durch eine Liturgie, die das gesamte Leben ordnete, eine Sprache, die von einer kosmopolitischen klösterlichen Elite geteilt wurde, ein Gesetz, das die meisten öffentlichen und privaten Aktivitäten von Klerus und Laien regelte, eine gemeinsame Kunst, Musik und Architektur sowie eine supranationale Identität als lateinische Christen zusammenhielt. Die lateinische Kultur beseitigte nicht die lokalen Besonderheiten, sondern nutzte sie, um den Zwecken der heiligen Gemeinschaft zu dienen, die sich von Portugal bis Polen, von Sizilien bis Schweden und sogar bis zu den lateinischen Vorposten im Nahen Osten erstreckte.“ (ebd.)
Nach der konfessionellen Spaltung durch Luther und Calvin und der Säkularisation infolge der Französischen Revolution und durch Napoleon herbeigeführt war Europa kein einheitlicher katholischer Block mehr. Geblieben ist aber die katholische Kultur, an der auch die Französische Revolution mit ihren Experimenten scheiterte. So blieb auch ein säkularisiertes Land wie Frankreich in ihrer Kultur katholisch.
„Die päpstlichen Bemühungen, die religiöse Erweckung, der Aktivismus der Laien und die Beteiligung an Wahlen in den 1920er und 1930er Jahren verstärkten das Gefühl eines ‚gemeinsamen Ziels und einer gemeinsamen Identität‘ nicht nur innerhalb der Nationalstaaten, sondern in ganz Europa.“ (ebd.)
Die wachsende Einsicht in ein gemeinsames Europa bereits nach dem 1. Weltkrieg
Wie die Autoren weiter schreiben, nahm die wachsende Einsicht in einen gemeinsamen, geschlossenen und grenzüberschreitenden Katholizismus bereits in den 1920er Jahren eine politische Dimension an.
„Die katholischen Parteien nahmen Anfang der 1920er Jahre Kontakte auf und gründeten 1925 eine lose internationale Organisation. Die regelmäßigen Treffen katholischer Politiker führten zwar nie zu einer koordinierten Politik, aber sie knüpften wichtige Bande zwischen zukünftigen europäischen Führern, die eine gemeinsame katholische Kultur teilten. Außerdem boten sie ein Forum für politische Diskussionen. Bereits 1932 wurden auf diesen Treffen Entschließungen verabschiedet, in denen eine ‚Europäische Union‘ und ein ‚Gemeinsamer Markt‘ gefordert wurden. Die Ideen zur europäischen Integration waren unter den katholischen Politikern in Umlauf, die damals noch nicht in der Lage waren, sie umzusetzen.“
Diese Tatsache spielte für die Einigung Europas nach dem 2. Weltkrieg unter der Führung katholischer Staatsmänner eine entscheidende Rolle. Denn an diesen Treffen nahmen auch drei führende Persönlichkeiten teil. Es waren dies die katholischen Politiker Konrad Adenauer aus Deutschland, Alcide de Gasperi aus Italien und Robert Schuman aus Frankreich.
Der katholische Universalismus, der durch das Papsttum garantiert ist, lieferte die theologische Basis für eine neue Vision eines geeinten Europas, der frei von den gewaltsamen Spaltungen des Nationalismus war. Man muss dazu wissen, dass die Katholiken den Nationalismus als eine protestantische Häresie betrachteten.
Bereits Donoso Cortes empfahl als „Heilmittel zur Gesundung Europas“ die Besinnung auf den Katholizismus und den Gedanken einer politischen Einigung.
Die Katholiken standen geschlossen hinter dem Projekt der europäischen Einigung
Die Christdemokratie lieferte das politische Programm und die Strategie. Die Katholiken und die von ihnen unterstützten christdemokratischen Parteien standen geschlossen hinter dem Projekt der Einigung Europas, während die Protestanten Großbritanniens und der skandinavischen Region an diesem Projekt nicht interessiert waren.
Die Autoren Nelson und Guth schreiben daher zu Recht:
„Die christdemokratischen Parteien, die in den katholischen oder weitgehend katholischen Ländern von nahezu einheitlichen katholischen Wählerblöcken unterstützt wurden, kamen in Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Ländern schnell an die Macht. Adenauer in Deutschland, De Gaspari in Italien und Schuman in Frankreich, fromme Männer, die an katholischen Universitäten ausgebildet worden waren und dem Netzwerk katholischer Politiker der Zwischenkriegszeit angehörten, kamen in dieser Zeit an die Macht und machten sich an die Gestaltung eines integrierten Europas (zusammen mit Jean Monnet, einem nominellen französischen Katholiken, dessen Schwester eine prominente Laienführerin war).“
Die Autoren zitieren Konrad Adenauer, der sagte:
„Die christlich-demokratischen Parteien haben eine besondere Berufung zu dieser Arbeit [Überbrückung der Unterschiede zwischen den europäischen Ländern], da die Traditionen Westeuropas christlich sind, und da die Parteien, die diese Traditionen hoch schätzen und danach streben, sie für die Erfordernisse unserer Zeit wieder fruchtbar zu machen, die Gewähr für eine innere Renaissance Westeuropas aus seinen besten Elementen in sich tragen. Sie sind daher … dazu bestimmt, die Voraussetzung für eine Verständigung und für eine Zusammenarbeit in denjenigen Ländern Westeuropas zu schaffen, die eine andere Weltanschauung haben, aber dennoch die Einigung Europas herbeiführen wollen.“
(Quelle: „Die Zukunft der Christdemokratie: Ein Interview mit Dr. Konrad Adenauer“, Tablet, Bd. 198, 22. September 1951, S. 185)
Die französischen Katholiken Robert Schuman und Charles de Gaulle
Robert Schuman als Außenminister Frankreichs setzte die Integration ganz oben auf seine Nachkriegsagenda, weil er oft den Wunsch äußerte, dass Deutschland und Frankreich als christliche Nationen sich verzeihen und sich versöhnen sollten. Die Anwesenheit so vieler mächtiger katholischer Politiker, die für eine vom Papst unterstützte europäische Föderation eintraten, hatte für viele Nichtkatholiken den Beigeschmack einer Verschwörung des Vatikans.
(Quelle: „Does the Pope Run Europe?“, America, Vol. 88, 8. November 1952, S. 146; ‚European Unity at Paris‘, America, Vol. 92, 30. Oktober 1954, S. 118)
Anmerkung: Die Zitate sind entnommen dem Buch der Autoren Nelson und Guth ‚Religion and the Struggle for European Union‘ nachzulesen.
Mit dem französischen katholischen Präsidenten Charles de Gaulle verband Konrad Adenauer eine persönliche Freundschaft. Mit einer feierlichen Messe in der Krönungskathedrale in Reims begann die deutsch-französische Freundschaft.
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Im Rahmen des offiziellen Frankreichbesuchs des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer nahmen der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und sein Gast am 8. Juli 1962 – nach einer Parade deutsch-französischer Truppen im Militärcamp Mourmelon – in der Kathedrale von Reims an einer feierlichen Friedensmesse teil, die vom Erzbischof von Reims, Monseigneur Marty, zelebriert wurde. Die Wahl der Stadt Reims für die Zelebrierung dieser Friedensmesse besitzt hohen Symbolwert. Denn im Krieg von 1870 war Reims besetzt, im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918 Märtyrerstadt und am 7. Mai 1945 Schauplatz der Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands.
Am 22. Januar 1963 unterzeichneten die beiden katholischen Staatsmänner de Gaulle und Adenauer in Paris den Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit. Zugleich sollte mit diesem Freundschaftsvertrag das Ende der ‚Erbfeindschaft‘ zwischen Deutschland und Frankreich besiegelt werden.
Bei diesem Staatsbesuch Adenauers in Frankreich im Juli 1962 wurde das symbolische Fundament für die deutsch-französische Aussöhnung und ein gemeinsames Handeln im europäischen Einigungsprozess gelegt. Auffällig ist auch hier die Nähe zur katholischen Kirche. De Gaulle selbst wies anlässlich Adenauers Besuchs sogar auf die Notwendigkeit hin, in Europa an die „grandiose Erinnerung“ des christlichen Mittelalters und vor allem an die Herrschaft Karls des Großen anzuknüpfen.
Europa der Vaterländer
Das Europalexikon erklärt den Begriff des ‚Europa der Vaterländer‘ wie folgt:
Die Idee des Europa der Vaterländer [frz.: Europe des patries] bezieht sich auf eine enge Form der zwischenstaatlichen Kooperation europäischer Staaten, die jedoch die nationale Souveränität weitgehend unangetastet lässt und auf supranationale Einigungsschritte verzichtet. Sie wird historisch v. a. mit dem frz. Staatspräsidenten Charles de Gaulle (* 22.11.1890 † 9.11.1970) in Verbindung gebracht, der die Formulierung zu einem Kernpunkt seiner Europapolitik in den 1960er-Jahren machte. Ziel war es, Frankreichs nationale Souveränität zu bewahren und ihm eine Führungsrolle in Europa zuzuordnen.
De Gaulle schwebte dabei ein »karolingisches« Kerneuropa vor, das Deutschland, Luxemburg und die Beneluxländer unter Führung Frankreichs verbinden sollte. Die Ausstrahlung dieses Europa der Vaterländer sollte die Blockgrenzen des Ost-West-Konfliktes dauerhaft lockern, sodass ein »Europa vom Atlantik bis zum Ural« möglich würde. De Gaulles Ablehnung des Beitrittsgesuchs Großbritanniens und seine Skepsis gegenüber der »atlantischen Dimension« der europäischen Einigung bildeten den Hintergrund der Debatte um das Europa der Vaterländer. Erst unter de Gaulles Nachfolger, George Pompidou, entwickelte Frankreich ein positiveres Verhältnis zu den supranationalen Elementen der europäischen Integration. (Quelle: Europa der Vaterländer)
Hieraus ersehen wir, dass diesen katholischen Staatsmännern ein vereintes Europa vor Augen schwebte, dass seine Grundlage im christlichen Abendland hat.
Es war der gemeinsame Glaube und die gemeinsame katholische Kultur Europas, die die Katholiken auf natürliche Weise zu einer gemeinsamen Position brachte.
Nur die Katholiken waren in der Lage, die europäische Einigung zu gestalten, zu fördern und zu vollziehen. Deshalb waren es auch die Katholiken aus den katholischen Ländern, die die Europäische Gemeinschaft gründeten.
Beziehung von Konrad Adenauer zu Papst Pius XII.
Während seines Staatsbesuchs in Rom im Jahr 1951, zu dem der katholische Ministerpräsident de Gasperi Konrad Adenauer einlud, traf dieser auch Papst Pius XII. Nach der Audienz, die die längste in der Amtszeit Pius XII. war – 1 Stunde und 10 Minuten – weilte Adenauer mehrere Minuten lang im stillen Gebet vor dem silbernen Sarg des kurz zuvor seliggesprochenen Papstes Pius X.
Pius XII. gewährte Adenauer weitere lange Audienzen, und zwar 1956 und 1957 anlässlich der Unterzeichnung der Römischen Verträge im Kapitolspalast. Es war der 25. März, dem Fest Mariä Kündigung.
Video 1: Papst Pius XII. trifft den deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer 1956
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=oIpsckLqHuk
Zum 80. Geburtstag im Sommer 1956 erhielt der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, von Papst Pius XII. eine besondere Auszeichnung: den Orden vom Goldenen Sporn. Dieser Orden ist der zweithöchste Orden für Verdienste um die römisch-katholische Kirche, der unmittelbar vom Papst selber verliehen wurde.
Bildquelle: wikimedia | CC BY-SA 4.0 International
Der Kölner Kardinal Josef Frings schrieb damals, dass der Bundeskanzler dem Papst als eines der stärksten Bollwerke gegen den Kommunismus gelte.
Video 2: Papst Pius XII. trifft erneut den deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer 1957
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=ksgwvoWimcY
Zum Tod von Pius XII. schrieb Adenauer an Eugène Kardinal Tisserant:
„Von Schmerz und Trauer erfüllt, spreche ich Eurer Eminenz im Namen der Bundesregierung und in meinem eigenen Namen zu dem schweren Verlust, der nicht nur die Kirche, sondern die ganze Menschheit betroffen hat, meine tief empfundene Anteilnahme aus. In einer Periode schwerster Erschütterungen geistiger, sozialer und politischer Art hat der verewigte Papst die Geschicke der Kirche mit bewunderungswürdiger Weisheit gelenkt und der Welt ein leuchtendes Vorbild gegeben.
Das ganze deutsche Volk, in dessen Mitte er jahrelang segensreich gewirkt hat und dem er in Zeiten größter Not tatkräftige und wirksame Hilfe in seelischer und materieller Hinsicht zuteilwerden ließ, wird seiner stets ehrfurchtsvoll und dankerfüllten Herzen gedenken.“ (zitiert in Koch/Koch, a.a.O., S. 71/72)
Konrad Adenauer und Papst Pius XII. verfolgten in den 1950er Jahren eine gemeinsame Politik im Kalten Krieg
Im Folgenden geben wir aus einem Essay von Simon Unger-Alvi nähere Informationen, die für unseren Beitrag von Bedeutung sind.
Dabei erfahren wir, dass kein Regierungschef oder Staatsoberhaupt in Westeuropa mit der Kirche so viele gemeinsame Interessen teilte wie Konrad Adenauer.
Die Quellen in den vatikanischen Archiven zeigen, dass Konrad Adenauer den Vatikan regelmäßig über seine außenpolitischen Absichten und Sorgen informierte. Es gab einen Austausch von Briefen und Unterlagen zwischen Aloysius Muench, dem apostolischen Nuntius in Bonn, und Domenico Tardini, dem Pro-Staatssekretär für außerordentliche kirchliche Angelegenheiten im Vatikan. Beide waren Mittelsmänner zwischen Konrad Adenauer und Papst Pius XII.
Sowohl Adenauer als Pius XII. waren sich schon im Frühjahr 1951 über den diplomatischen Vorstoß Stalins bewusst, eine deutsche Wiedervereinigung unter der Bedingung außenpolitischer Neutralität in Aussicht zu stellen. Dieser Vorstoß Stalins erhielt in der Stalin-Note im Jahr 1952 dann seine konkrete Ausrichtung.
Bereits am 8. Februar 1951 – also mehr als ein Jahr vor der Veröffentlichung der Stalin-Note – teilte Adenauer dem Nuntius Muench in einem privaten Gespräch im Palais Schaumburg mit, dass Stalin die „Neutralisierung“ Deutschlands anstrebe.
Der Autor Unger-Alvi gibt aus den Quellen des vatikanischen Archivs den Inhalt des Gesprächs im Palais Schaumburg wieder:
Den Inhalt des Gesprächs im Palais Schaumburg leitete Aloysius Muench direkt an Domenico Tardini weiter, der Pius XII. das Schreiben vorlegte. In drei Punkten wurde die Position Adenauers für den Papst zusammengefasst:
1. [Adenauer hat] große Sorge, dass im Falle einer Außenministerkonferenz der vier Großmächte über die Neutralität Deutschlands entschieden wird.
2. Adenauer sieht in einer solchen Lösung einen großen Sieg des Bolschewismus, mit schrecklichen Folgen für Deutschland, nicht nur politisch, sondern auch religiös, da dies zur Vernichtung der katholischen Kirche führen würde.
3. Deshalb möchte er als Katholik, der sich seiner Verantwortung bewusst ist, und nicht als Bundeskanzler, dem Papst diesen Standpunkt mitteilen und ihn bitten – vielleicht durch eine entsprechende Annäherung an die katholischen Staatsmänner Frankreichs –, diese Gefahr abzuwenden.
Adenauer wie auch Pius XII. leiteten sofort Schritte ein, um das Unterfangen Stalins abzuwenden.
Denn die Befürchtung war real, dass ein vereinigtes Deutschland „unweigerlich zum Bolschewismus führen” würde. Diesem langfristigen Prozess würden sich weder Frankreich noch Italien entziehen können. Die Schlussfolgerung der Botschaft war damit furchteinflößend: „Die Idee eines neutralen Deutschlands würde mit Sicherheit zur Zerstörung der katholischen Kirche in Europa führen.”
Adenauer informierte deshalb den Papst u.a. über angebliche Geheimverhandlungen zwischen Frankreich und der Sowjetunion. Denn er befürchtete, dass eine sozialistische Regierung in Paris die sowjetischen Vorschläge einer deutschen Wiedervereinigung unter der Bedingung außenpolitischer Neutralität annehmen könnte. Gemeinsam mit dem Vatikan und den USA sollten daher Schritte unternommen werden, um Druck auf die französische Regierung auszuüben, eine deutsche Wiederbewaffnung zu ermöglichen und die Gefahr einer erzwungenen weltpolitischen Neutralität Deutschlands abzuwenden.
„Insgesamt zeigen die Quellen in den vatikanischen Archiven nicht nur, dass Adenauer den Heiligen Stuhl als seinen vielleicht engsten außenpolitischen Ansprechpartner betrachtete, sondern auch, dass Pius XII. seinerseits bestrebt war, die westdeutsche Wiederbewaffnung herbeizuführen und die Entstehung eines wiedervereinigten, aber neutralen Deutschlands zu verhindern.“
„Der Heilige Stuhl sah in der Westbindung der Bundesrepublik die Entscheidung Deutschlands für ein primär katholisch geprägtes ‚Abendland‘ und war bestrebt, der kommunistischen Ideologie durch das Bündnis mit Konrad Adenauer entgegenzuwirken. Der Vatikan muss daher als ein zentraler Akteur hinter der Westbindung der Bundesrepublik und ihrer Integration in die NATO verstanden werden.“ (Quelle: Wiederbewaffnung und Wiedervereinigung. Deutsch-vatikanische Politik zwischen Adenauer und Pius XII. -https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-112847)
Die Vision der katholischen Staatsmänner wie des Papstes von einem vereinten Europa auf christlicher Grundlage ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Die Frage, wie und warum die Europäische Gemeinschaft auf die christliche Grundlage verzichtet hat, stattdessen den föderalistischen Weg mit dem Ziel eines Superstaates und Auflösung der Souveränität der einzelnen Mitgliedsstaaten beschritten hat, muss in einem späteren Beitrag untersucht werden.
Doch zunächst folgt der Beitrag Teil 2: Pius XII. unterstützte ein geeintes Europa